Eine Karte von Frederick de Wit zeigt ein Land zwischen Ostsee, Macht und Mythen
Es ist das 17. Jahrhundert. Europa erholt sich langsam vom Chaos des Dreißigjährigen Kriegs. Auch an der Ostsee, im Herzogtum Mecklenburg, ist die Welt noch eine andere: die Landschaft von Seen durchzogen, die Dörfer entvölkert, das Land zerrissen zwischen alten Adelshäusern, geistlicher Herrschaft und neuen Grenzen.
Der niederländische Kartograph Frederick de Wit hält in dieser Zeit das fest, was Bestand hat – das Land, wie es sich den Augen der Zeit bot. Seine Karte „Ducatus Meklenburgicus“ aus dem Jahr 1680 zeigt das Herzogtum in seltener Detailtreue. Gedruckt als Kupferstich in Amsterdam, ist sie ein Stück europäischer Kulturgeschichte: eine Landkarte, die Macht, Glaube und Geografie zu einer Erzählung verbindet.
Ein Land im Schatten des Krieges
Als de Wit seine Karte veröffentlichte, lag Mecklenburg noch immer in den Nachwehen des Dreißigjährigen Kriegs. Der Konflikt hatte die Region verwüstet, Städte und Dörfer entvölkert – von einst rund 300.000 Einwohnern waren nur etwa 50.000 geblieben.
Doch auch nach dem Frieden von 1648 fand das Land keine Ruhe: Schwedisch-Polnische und Schwedisch-Brandenburgische Kriege führten neue Truppen ins Land. Und während die Bauern unter der Leibeigenschaft lebten, ließen Hexenprozesse noch einmal das alte Dunkel des Aberglaubens aufscheinen – rund 4.000 Verfahren, oft mit tödlichem Ausgang, prägten das 17. Jahrhundert.
Mecklenburg, das stille Land zwischen Elbe und Ostsee, war ein Spiegel seiner Zeit: zerrissen zwischen Aufklärung und Furcht, zwischen Fortschritt und Tradition.
Eine Landschaft aus Wasser und Weite
De Wits Karte zeigt Mecklenburg als das, was es bis heute geblieben ist: eine Landschaft der Seen, Moore und sanften Hügel.
Die Müritz, damals wie heute das Herz des Landes, ist als größter See klar zu erkennen – ebenso wie Plauer See, Kölpinsee, Kummerower See und Schweriner See. Sie formen das, was wir heute die Mecklenburgische Seenplatte nennen.
Flüsse wie Elde, Recknitz und Warnow durchziehen das Land – ihre Verläufe markieren Wege von Handel, Handwerk und Geschichte. Gebirge fehlen, dafür säumen Wälder, Moore und Dünen das Bild, und an der Küste blitzen Rügen, Hiddensee, Fehmarn und die Halbinsel Zingst auf. Die Karte ist kein nüchternes Dokument, sondern fast poetisch – ein Landschaftsporträt aus Linien und Legenden.
Herrschaft und Zugehörigkeit – Ein zersplittertes Herzogtum
Politisch war Mecklenburg zu jener Zeit ein Flickenteppich. Das Herzogtum selbst erstreckte sich von Boizenburg im Westen bis Friedland im Osten, von der Ostsee bis hinunter in die märkischen Ebenen.
Bereits 1621 war das Land geteilt worden – in Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow. Erst 1701 kam es wieder zur Vereinigung, bevor das Gebiet 1815 im Wiener Kongress zum Großherzogtum erhoben wurde.
Neben den Herzogtümern finden sich auf der Karte zahlreiche kleinere Herrschaften, Bistümer und Grafschaften:
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Das Bistum Schwerin, einst katholisch, wurde nach 1648 zu einem weltlichen Fürstentum.
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Die Grafschaft Schwerin, im 12. Jahrhundert von Heinrich dem Löwen gegründet, fiel 1358 an die mecklenburgischen Herzöge.
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Die Herrschaft Rostock, ursprünglich dänisch, wurde 1323 offiziell Teil Mecklenburgs.
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Die Herrschaft Stargard, rund um Neubrandenburg und Friedland, gehörte schon seit dem 13. Jahrhundert zu Mecklenburg.
Doch die Karte zeigt noch mehr: die Grenzräume zu Pommern, Brandenburg, Lauenburg und Holstein. Jeder dieser Namen steht für Streit, Erbe oder Einfluss.
Pommern, ab 1648 teilweise schwedisch, wurde erst 1815 wieder vereint. Lauenburg, das letzte Restgebiet Sachsens, war Schauplatz eines Erbstreits zwischen Dänemark, Hannover und Mecklenburg. Holstein gehörte zur dänischen Krone, aber gleichzeitig zum Heiligen Römischen Reich. Und Brandenburg, das sich gerade zum brandenburgisch-preußischen Machtzentrum formte, wurde zu einem der großen politischen Spieler der kommenden Jahrhunderte.
Ein Land zwischen Glaube, Macht und Erinnerung
De Wits Kupferstich ist mehr als eine Karte – er ist eine Momentaufnahme des Übergangs.
Er zeigt ein Land, das zwischen Mittelalter und Moderne, zwischen Glaube und Vernunft, zwischen Wasser und Land lebt. Ein Herzogtum, das in der Geschichte oft übersehen wird,
aber in seiner geografischen, kulturellen und menschlichen Tiefe viel über Deutschland erzählt.
Ein Stück Geschichte für Zuhause
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