Kartengeschichten Teil 9: Stadtansicht Sevilla um 1592 aus dem Atlas Civitatis Orbis Terrarum

Kartengeschichten Teil 9: Stadtansicht Sevilla um 1592 aus dem Atlas Civitatis Orbis Terrarum

Eine Reise durch Mauern, Märkte und Mythen Andalusiens

Wenn man die Karte betrachtet, scheint die Zeit stillzustehen. Vor uns liegt Sevilla, umgeben von Mauern, vom Fluss umspült, lebendig und stolz. Die Stadtansicht stammt aus dem Jahr 1592 und wurde von den großen Kartographen Georg Braun und Frans Hogenberg im monumentalen Werk „Civitatis Orbis Terrarum“ veröffentlicht – dem ersten Städteatlas der Welt.

Ein Atlas, der die Welt in Städte fasste

Der Civitatis Orbis Terrarum war ein Meilenstein: Zum ersten Mal wurde versucht, die wichtigsten Städte der damals bekannten Welt in einem Atlas zu vereinen. Das Projekt war inspiriert von Abraham Ortelius, der zwei Jahre zuvor mit seinem Theatrum Orbis Terrarum den ersten Weltatlas geschaffen hatte. Braun und Hogenberg ergänzten diese Idee um die urbane Perspektive – sie zeigten, wie Menschen lebten, bauten und träumten.

Hogenberg, der Kupferstecher, brachte die Ansichten zu Papier, während Georg Braun, Theologe und Herausgeber aus Köln, sie mit Beschreibungen und Symbolik anreicherte.
Die Karte von Sevilla erschien in der Ausgabe von 1592 – als stolzes Zeugnis einer Stadt auf dem Höhepunkt ihrer Macht.

Sevilla – Tor zur Neuen Welt

Im 16. und 17. Jahrhundert war Sevilla das wirtschaftliche Herz Spaniens. Hier liefen die Handelsrouten des spanischen Weltreichs zusammen, hier erreichten die Schiffe aus Amerika ihre Heimat, hier wurde Gold entladen, Baumwolle verkauft und Geschichte geschrieben.

Der Guadalquivir, der mächtige Fluss Andalusiens, machte die Stadt zu einem Hafen des Wohlstands. Noch bis ins 18. Jahrhundert war er schiffbar – ein Lebensnerv, der Sevilla mit der Welt verband. Doch diese Blütezeit endete 1717, als das Handelsmonopol an Cádiz überging. Die Versandung des Flusses und politische Umbrüche ließen Sevilla in den Schatten treten – doch die Karte bewahrt die Erinnerung an jene Zeit, als die Stadt das Tor zur Neuen Welt war.

Ein Blick auf die Stadt

Die Ansicht zeigt Sevilla aus Südwesten, mit dem Guadalquivir im Vordergrund. Der Fluss, damals Hauptstrom, umschließt die Stadt wie eine Schutzlinie. Links erkennt man das Aquädukt Caños de Carmona, das Wasser über 17 Kilometer aus der Umgebung heranführte – ein Wunderwerk römischer Ingenieurskunst, das bis ins 20. Jahrhundert Teile der Stadt versorgte. Im Vordergrund liegt der unbefestigte Hafen, wo Waren und Menschen aus aller Welt anlandeten. Auf der gegenüberliegenden Flussseite, damals noch außerhalb der Stadtmauern, liegt das Viertel Triana, heute eines der lebendigsten Viertel Sevillas.

Im Hintergrund breitet sich das hügelige, karge Umland Andalusiens aus – geprägt vom heißen Klima, den Olivenhainen und der Weite des Landes.

Mauern, Märkte und Kathedralen

Die Stadtmauer umschließt das historische Zentrum wie ein Gürtel aus Stein und Geschichte. Sie diente dem Schutz, doch die wahren Schätze lagen hinter ihr:

  • Acht Kirchen, leicht an ihren blauen Dächern zu erkennen, prägen das Stadtbild.

  • Im Zentrum erhebt sich die monumentale Kathedrale Santa María de la Sede,
    erbaut zwischen 1401 und 1519 auf den Fundamenten der alten Hauptmoschee –
    ein Symbol für die religiöse und kulturelle Schichtung der Stadt.

Sevilla war zu dieser Zeit eine Stadt der Gegensätze: christlich und maurisch, reich und einfach, festlich und fromm. Die Erinnerung an die maurische Herrschaft (712–1248) war noch allgegenwärtig – in der Architektur, in der Sprache, in der Seele der Stadt.

Das Leben innerhalb der Mauern

Das Stadtbild wirkt lebendig und unregelmäßig – keine streng geplante Geometrie, sondern organisch gewachsene Strukturen, wie sie typisch für alte Städte sind.
Zwischen den Gassen öffnen sich Plätze, deren Identität bis heute nachwirkt.

So lässt sich der Platz mit dem Springbrunnen Fuente de Mercurio erkennen, sowie die Avenida de la Constitución, die noch heute zu den zentralen Achsen der Altstadt gehört.

Besonders markant ragt das Castillo de San Jorge hervor, das im 16. Jahrhundert als Sitz der spanischen Inquisition diente. Es wurde im 19. Jahrhundert abgerissen – an seiner Stelle steht heute ein Markt, doch auf der Karte von 1592 lebt es weiter, als Monument einer ambivalenten Geschichte.

Zwischen Kunst und Kartographie

Braun und Hogenberg schufen keine bloßen Stadtpläne – sie inszenierten Bühnen der Geschichte. Ihre Karten zeigen, was die Menschen sahen, und zugleich, was sie bedeutete.
In dieser Ansicht von Sevilla vereinen sich Topografie, Architektur und Symbolik zu einem Kunstwerk, das ebenso informiert wie fasziniert.

Ein Stück Sevilla für Zuhause

Die historische Stadtansicht von Sevilla (1612) nach Braun & Hogenberg gehört zu den schönsten Darstellungen der andalusischen Hauptstadt. Sie ist Teil des Sortiments der Kartenhandlung Rothert – erhältlich in drei Größen bis 80×60 cm, ungerahmt oder im hochwertigen Rahmen.

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