Kartengeschichten Teil 8: Amsterdam um 1700 – Stadt zwischen Wasser, Wind und Weltoffenheit

Kartengeschichten Teil 8: Amsterdam um 1700 – Stadt zwischen Wasser, Wind und Weltoffenheit

Eine Kartengeschichte über die niederländische Hauptstadt in ihrer goldenen Zeit.

Moin zusammen – und willkommen zu einer weiteren Reise durch die Welt der historischen Karten. Heute führt sie uns in die Niederlande, genauer gesagt in die Stadt Amsterdam, wie sie um das Jahr 1700 aussah. In dieser Zeit war Amsterdam mehr als nur eine Stadt: Sie war ein Symbol für Welthandel, Fortschritt und die Macht der See.

Die Karte trägt den Titel „Novissima Amstelodami Tabula per P. Mortier“ und wurde von Pieter Mortier, einem Amsterdamer Kartographen und Kupferstecher, veröffentlicht. Mortier erhielt 1690 das Privileg, Karten und Atlanten zu drucken – ein bedeutendes Recht, das ihm erlaubte, geografische Werke aus ganz Europa zu veröffentlichen.

Das Panorama im unteren Teil der Karte stammt allerdings nicht von Mortier selbst,
sondern von Jochem Bormeester (1685), einem Künstler, der die lebendige Stadt in Szene setzte. Mehrere zeitgenössische Darstellungen – etwa von Nicolaes Visscher II – zeigen,
wie beliebt diese Stadtansichten in der Blütezeit Amsterdams waren.


Amsterdam in seiner Blütezeit

Die Karte zeigt Amsterdam auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung. Das vollständige Grachtensystem ist bereits eingezeichnet – ein technisches und städtebauliches Meisterwerk, das bis heute das Bild der Stadt prägt.

Im 17. Jahrhundert waren die Vereinigten Provinzen der Niederlande zu einer der aufstrebendsten Mächte Europas geworden. Religiöse Toleranz, wissenschaftliche Neugier und wirtschaftliche Freiheit hatten Wohlstand geschaffen. Die niederländische Ostindien-Kompanie (VOC) und ihre westindische Schwester dominierten den Handel von Asien bis Amerika. Amsterdam verfügte über die größte Handelsflotte Europas – eine Stadt, deren Herzschlag vom Takt der Schiffe bestimmt wurde.

Doch der Reichtum blieb nicht unangefochten. Kriege mit England und Frankreich schwächten die Niederlande gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Nach Jahrzehnten der Expansion folgte das 18. Jahrhundert als Zeit der Stagnation – doch die Pracht der goldenen Ära lebte in Karten wie dieser weiter.


Ein Blick auf die Karte – Wasser, Mauern, Wind

Schon auf den ersten Blick fällt die harmonische Struktur auf: Amsterdam liegt eingebettet zwischen Flüssen, Gräben und Kanälen – ein fein abgestimmtes System, das Stadtplanung, Verteidigung und Wasserwirtschaft vereint.

Der Fluss Amstel, von dem die Stadt ihren Namen hat, zieht sich elegant durch die Karte.
„Amstelerdam“ – der Damm in der Amstel – war die Keimzelle der Stadt. Sein Wasser speist die Grachten und sorgt für Entwässerung, Transport und, in gewisser Weise, Identität.

Das Umland wirkt karg – Wiesen, Wege, kaum Erhebungen. Hügel und Berge sucht man in Holland vergeblich. Stattdessen bestimmen Windmühlen und Wassergräben die Landschaft. Die Mühlen dienten nicht nur dem Korn, sondern vor allem der Entwässerung der Polderlandschaft – eine Ingenieursleistung, die das Leben auf diesem fragilen Boden erst möglich machte.

Eine Stadt ohne Mauern – aber mit Ordnung

Amsterdam hatte zu dieser Zeit keine klassische Stadtmauer mehr. Stattdessen umgaben Zitadellenwälle und Wassergräben die Stadt – eine moderne Form der Verteidigung, die zugleich den Ausbau der Stadt ermöglichte.

Das Grachtensystem – halbmondförmig um das Stadtzentrum gelegt – war mehr als nur Schmuck. Es war das Rückgrat einer Stadt, die auf Wasser gebaut war. Die älteren Grachten wie Singel und Kloveniersburgwal dienten ursprünglich der Verteidigung, während die späteren Kanäle auch für den Warentransport und als Abwassersystem genutzt wurden.

Heute sind viele dieser Grachten zugeschüttet, doch das Grundmuster – das „Herz aus Wasser“ – prägt Amsterdam bis heute.


Zwischen Kirchen, Kaufhäusern und Kanälen

In der Karte lassen sich vier markante Kirchen erkennen: die Oude Kerk, Nieuwe Kerk, Westerkerk und Noorderkerk. Sie markieren die älteren, dichter bebauten Stadtteile – Relikte einer Zeit, in der die Kirche nicht nur über den Dächern, sondern auch im Alltag dominierte.

Der linke Teil der Stadt wirkt gedrungen und lebendig, der rechte großzügiger und planvoller – dort wurde das Land im 16. und 17. Jahrhundert erst urbar gemacht. Das Raster der Straßen folgt den Grachten – ein frühes Beispiel rationaler Stadtplanung.

In der Mitte thront der Paleis op de Dam, der Königliche Palast – einst das Rathaus der Stadt, erbaut um 1650 in der Blütezeit des niederländischen Barock.

Am unteren Rand schließlich zeigt das Panorama das geschäftige Hafenleben: unzählige Segelschiffe, Masten, Kähne – die Lebensadern einer Stadt,die ihren Reichtum aus Wind, Wasser und Weltoffenheit schöpfte.

Eine Stadtkarte als Spiegel ihrer Zeit

Pieter Mortiers Karte ist mehr als eine Stadtansicht – sie ist eine Momentaufnahme einer Gesellschaft, die zwischen Tradition und Moderne schwebte. Eine Stadt, die vom Meer lebte und es zugleich bezwang. Eine Stadt, deren Menschen mit Windmühlen kämpften – buchstäblich, nicht sprichwörtlich.

Sie zeigt Amsterdam, wie es einmal war – geordnet, wohlhabend, lebendig – und erinnert daran, dass Geschichte nicht in Büchern, sondern in Linien, Wasserwegen und Kupferstichen weiterlebt.

Ein Stück Amsterdam für Zuhause

Dieser historische Stadtplan von Amsterdam um 1700 ist nicht mehr Teil des Sortiments der Kartenhandlung Rothert. Stattdessen gibt es aber einen Stadtplan von 1649; erhältlich in zwei Größen (bis 80 × 60 cm), wahlweise gerahmt oder ungerahmt – ein Stück Stadtgeschichte, das nicht nur Sammler, sondern auch Liebhaber von Architektur, Geschichte und maritimem Flair begeistert.

➡️ Jetzt entdecken: Stadtplan Amsterdam um 1649 – Kartenhandlung Rothert

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