Kartengeschichten Teil 5: Zwischen „Green“ und „Granite“: Vermont & New Hampshire auf einer Karte von 1882

Kartengeschichten Teil 5: Zwischen „Green“ und „Granite“: Vermont & New Hampshire auf einer Karte von 1882

Ein Blick in den Historical Hand-Atlas – Amerika im Aufbruch, Neuengland im Detail

Moin zusammen – und willkommen zurück in den Kartengeschichten. Heute springen wir über den Atlantik und ein paar Jahrhunderte nach vorn: in die USA des 19. Jahrhunderts. Vor uns liegt eine feinsinnige, nüchterne und gerade deshalb so aufschlussreiche Karte: die „Map of Vermont and New Hampshire“, gezeichnet 1882 von John Carbonell und veröffentlicht im Historical Hand-Atlas des Verlags H. H. Hardesty in Chicago.

Diese Karte gehört zu einer Serie handlicher Atlanten, die in den 1880er Jahren oft regional vermarktet wurden: mit lokalen Stadtplänen, County-Karten und Übersichten der Verkehrsinfrastruktur. Der Ton ist weniger ornamental als bei barocken Kupferstichen – doch im Detail liegt hier die Wahrheit einer jungen, wachsenden Nation.

Zeit & Ausschnitt – Neuengland nach dem Bürgerkrieg

1882: Die Vereinigten Staaten haben den Bürgerkrieg hinter sich gelassen. Die Reconstruction klingt ab, die Industrialisierung beschleunigt sich, Eisenbahnen vernetzen Regionen, Einwanderung prägt die Ostküste. Die Karte fokussiert zwei Bundesstaaten Neuenglands an der kanadischen Grenze: Vermont und New Hampshire. Es ist ein Blick in eine Landschaft, die durch Wälder, Berge, Seen und Flüsse definiert ist – und durch die wachsenden Netze aus Straßen und Siedlungen.

Landschaft, Vegetation & Infrastruktur

Flüsse – die gezeichnete Grenze: der Connecticut River

Der Connecticut River ist der Rückgratfluss dieser Karte: 655 km lang, entspringt im Norden New Hampshires in den Connecticut Lakes, zieht nach Süden und mündet in den Atlantik.Er bildet – mit kleineren historischen Ausnahmen – die natürliche Grenze zwischen New Hampshire (Ostufer) und Vermont (Westufer). Nebenflüsse und Bäche sind in großer Zahl erfasst – ein Hinweis darauf, wie bedeutend Wasserläufe für Siedlung, Mühlenstandorte und frühe Industrie waren.

Seen – Champlain & Winnipesaukee

Neuengland ist eine Seenlandschaft.

  • Vermont wird geprägt vom Lake Champlain – dem größten See der Region, ein historischer Handels- und Militärkorridor zwischen USA und Kanada.

  • New Hampshire zeigt den Lake Winnipesaukee als größten Binnensee; dazu kleinere Wasserflächen wie die Connecticut Lakes.
    Seen sind hier nicht Kulisse, sondern Infrastruktur: für Fischerei, Transport, Eisernte (damals üblich) und Erholung.

Gebirge – Green & White Mountains

Die Karte zeigt, was man beim Blick aus jedem Tal spürt: Berge.

  • In Vermont ziehen die Green Mountains nord-südlich; ihr Höchster, Mount Mansfield, erreicht 1.339 m.

  • In New Hampshire stehen die White Mountains mit Mount Washington (1.917 m) – rau, berüchtigt für extremes Wetter.
    Beide Gebirgszüge sind Ausläufer der Appalachen und prägen Klima, Vegetation und Siedlungslinien.

Straßen – die neue Ordnung des Raums

Auffällig – besonders im Vergleich zu älteren europäischen Karten: Straßen und Routen sind sehr prominent. Viele der eingezeichneten Wege entsprechen verblüffend genau heutigen Trassen (z. B. dem Verlauf späterer US Highways 2, 3, 4, 5, 7). Der Atlas ist damit auch ein Zeitzeugnis der Verkehrsgeschichte: Wege sind Handelsadern, verbinden Millisektionen (Townships), County Seats und Märkte – die Voraussetzung für das rasante Wachstum nach 1865.

Herrschaft & Zugehörigkeit – Staaten mit klaren Konturen

New Hampshire

Gründungsstaat (1788), Motto: „Live Free or Die“ – ein Satz, der bis heute Kultur und Politik prägt (berühmt: keine Anschnallpflicht für Erwachsene).

  • Grenzen: seit 1836 stabil.

  • Hauptstadt: Concord (seit 1808) – nur die drittgrößte Stadt.

  • Größte Stadt: Manchester, dazu Nashua, Rochester, Dover, Portsmouth.

  • Bevölkerung (heute rund 1,3 Mio.) spiegelt in Ortsnamen die englischen Wurzeln wider – ein Echo der Siedlungsgeschichte.

Vermont

14. Bundesstaat (1791). Zuvor hatte sich Vermont von der Kolonie New York abgespalten – mit einer frühen Verfassung, die Sklaverei abschaffte und den Unabhängigkeitskampf mitprägte.

  • Name: aus dem Französischen „verts monts“grüne Berge.

  • Grenzen: seit der Aufnahme in die Union im Wesentlichen unverändert.

  • Hauptstadt: Montpelier – mit unter 8.000 Einwohnern die kleinste US-Bundesstaaten-Hauptstadt.

  • Größte Stadt: Burlington (ca. 42.000).
    Vermont ist dünner besiedelt als New Hampshire – Kälte, Topografie und agrarische Struktur bremsen Urbanisierung.

Nachbarn im Kartenblick

  • Maine (seit 1820 Staat; Hauptstadt Augusta): dünn besiedelt, raues Klima, maritime Wirtschaft.

  • Massachusetts (1788; Metropolraum Boston): dicht besiedelt, industriell, akademisch.

  • New York (1788; Hauptstadt Albany – nicht NYC): teilt mit Vermont den Lake Champlain.

  • Québec (Kanada): seit 1867 Provinz des Dominion of Canada, mit französisch-britischer Vergangenheit; liegt nördlich beider Staaten.

Was diese Karte so besonders macht

Die Zurückhaltung der Darstellung ist Programm: präzise Linien, klare Labels, Fokus auf Nutzinformation. Es ist die Kartographie einer modernen Gesellschaft, die Vermessenheit im besten Sinne feiert: Grenzen, Wege, Orte – alles dient der Bewegung von Menschen und Waren. Anders als barocke Prachtblätter beschwört sie keine Allegorien; sie ordnet. Und genau darin leuchtet sie: als Spiegel der amerikanischen 1880erpragmatisch, wachsend, vernetzt.

Ein Stück Neuengland für Zuhause

Diese historische Karte von Vermont & New Hampshire (1882) ist Teil unseres Sortiments – zusammen mit weiteren Karten US-amerikanischer Bundesstaaten.
Erhältlich in 1 Größe  (40×30 cm), ungerahmt oder gerahmt – in hochwertigem Kunstdruck.

➡️ Jetzt entdecken: Landkarte New Hampshire und Vermont – Kartenhandlung Rothert

Außerdem gibt es diesen Blog-Eintrag als YouTube-Video:

Zurück zum Blog

Hinterlasse einen Kommentar