Kartengeschichten Teil 14: Augsburg um 1572 – Eine Stadt im Glanz der Renaissance
Wie Braun und Hogenberg die Fuggerstadt in Kupfer verewigten
Mitten in der Blütezeit der Renaissance entsteht ein Werk, das die Welt in Bildern zeigt – die „Civitates Orbis Terrarum“, der erste Städteatlas der Geschichte. Zwischen den detailreichen Ansichten von Antwerpen, Köln und Rom findet sich auch eine Karte der stolzen Handelsmetropole Augsburg.
Ihr Schöpfer: Georg Braun, Theologe aus Köln, und Frans Hogenberg, ein begnadeter Kupferstecher, der den städtischen Raum in kunstvolle Ordnung übersetzte. Veröffentlicht wurde der Atlas ab 1572, doch die Darstellung von Augsburg stammt auch bereits aus dem Jahr 1572 – einem Zeitpunkt, an dem die Stadt auf dem Höhepunkt ihrer Macht stand.
Augsburg – Das Herz der Fuggerzeit
Augsburg war zu jener Zeit nicht nur ein religiöses Zentrum, sondern auch einer der wichtigsten Handels- und Finanzplätze Europas. Die Fugger, eine der einflussreichsten Familien ihrer Epoche, machten die Stadt zu einem Drehkreuz des Wohlstands. Hier wurden Handelsrouten gelenkt, Kredite vergeben und politische Allianzen geschmiedet.
Auf der Karte wird dieser Reichtum sichtbar: dicht bebaute Straßenzüge, prachtvolle Kirchen, weite Plätze und präzise angelegte Befestigungsanlagen. Die Stadt präsentiert sich als Mikrokosmos der Renaissance – geordnet, planvoll, menschlich gestaltet.
Ein Atlas der Städte – die Civitates Orbis Terrarum
Die Karte ist Teil des monumentalen Werkes „Civitates Orbis Terrarum“ – übersetzt „Städte der Welt“. Herausgegeben zwischen 1572 und 1618, umfasst dieser Atlas Hunderte Stadtpläne, Ansichten und Beschreibungen – die erste umfassende Sammlung urbaner Topografie.
Braun und Hogenberg griffen damit die Idee von Abraham Ortelius’ „Theatrum Orbis Terrarum“ auf, der zwei Jahre zuvor einen Weltatlas der Länder geschaffen hatte. Während Ortelius die Welt als Ganzes erfasste, widmeten sich Braun und Hogenberg den Zentren menschlicher Kultur – den Städten.
Es war ein ehrgeiziges Unterfangen, getragen vom Geist der Zeit: der Sehnsucht, die Welt zu ordnen, zu verstehen und festzuhalten.
Ein Blick auf die Stadt – Struktur und Symbolik
Die Stadtansicht zeigt Augsburg in der typischen Vogelschau-Perspektive der Renaissance.
Von oben öffnet sich ein detailreiches Panorama: Stadtmauern, Türme, Plätze und Kirchen werden mit größter Präzision dargestellt.
Die Hauptgebiete der Stadt sind klar zu erkennen – das dicht bebaute Zentrum innerhalb der Mauern, umgeben von einem sorgfältig angelegten Stadtgraben und weitläufigen Verteidigungsanlagen. Der Lech zieht sich als Lebensader durch das Bild und markiert die Verbindung der Stadt zur weiteren Region.
Im unteren Bereich liegt die Jakobervorstadt, einer der ältesten Stadtteile Augsburgs, geprägt von Handwerkern, Pilgern und Klöstern. Hier verschmelzen Alltag und Religion zu einer dichten städtischen Struktur, die auch heute noch in der Altstadt spürbar ist.
Kirchen und Macht – Glaube im Stadtbild
Augsburg war im 16. Jahrhundert ein Ort religiöser Spannungen. Das berühmte „Augsburger Interim“ von 1548 war ein Versuch, zwischen katholischem und evangelischem Bekenntnis zu vermitteln – ein Versuch, der die Stadt prägte.
In der Karte lassen sich zahlreiche Kirchen und Klosteranlagen erkennen – sichtbare Zeichen des Glaubens und der Macht. Ihre Dichte zeugt vom Reichtum der Stadt, aber auch vom geistigen Ringen jener Zeit.
Landschaft und Umgebung
Im Gegensatz zu anderen Stadtansichten – etwa jener von Wien – verzichteten Braun und Hogenberg hier auf eine detaillierte Gestaltung des Umlandes. Nur der Zufluss des Lechs und einige Wege deuten die Verbindung zur Umgebung an.
Der Fokus liegt klar auf der Stadt selbst – auf ihrem inneren Gefüge, ihrem Menschenwerk. Augsburg wird nicht als Teil einer Landschaft, sondern als eigenständiges Wesen dargestellt – eine Welt im Kleinen.
Kunst und Wissenschaft – Kartographie als Spiegel der Zeit
Was diese Karte so faszinierend macht, ist die Verbindung von Kunst und Präzision.
Jede Linie, jedes Dach, jede Straße ist zugleich ästhetisch und informativ. Die Stadt wird nicht nur gezeigt, sie wird erzählt – als Bühne menschlicher Aktivität, als Abbild von Ordnung und Fortschritt.
Für Braun und Hogenberg war Kartographie mehr als Vermessung: Sie war ein Ausdruck des Weltverständnisses ihrer Zeit, in der Glaube, Handel und Wissenschaft eine neue Form des Sehens hervorgebracht hatten.
Ein Stück Renaissance zum Anfassen
Heute, fast 450 Jahre später, fasziniert diese Karte durch ihre Detailtiefe und ihren künstlerischen Reiz. Sie ist nicht nur ein Dokument städtischer Geschichte, sondern auch ein Symbol dafür, wie Menschen begannen, ihre Welt systematisch zu betrachten – mit Neugier, Präzision und Schönheit.
Diese historische Stadtkarte von Augsburg um 1572 ist Teil der Kollektion der Kartenhandlung Rothert – in feinster Druckqualität, auf hochwertigem Papier und optional gerahmt erhältlich.
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