Kartengeschichten Teil 13: Grenzen im Wandel – Das Herzogtum Luxemburg auf der Karte von Ortelius (1609)

Kartengeschichten Teil 13: Grenzen im Wandel – Das Herzogtum Luxemburg auf der Karte von Ortelius (1609)

Ein Blick auf ein Land zwischen Reformation, Habsburgern und französischem Ehrgeiz.

Mitten im politischen Herz Europas, dort, wo Flüsse, Wälder und Machtinteressen sich seit Jahrhunderten begegnen, liegt das Herzogtum Luxemburg. Heute ein Kleinstaat, war es einst ein weitaus größeres und umkämpfteres Gebiet – eine Schaltstelle zwischen Königreichen, Herzogtümern und Glaubensrichtungen.

Die Karte, um die es in dieser Folge geht, wurde um 1579 von Jacques Surhon erstellt und von Abraham Ortelius in seinen berühmten Atlas „Theatrum Orbis Terrarum“ aufgenommen. In der Ausgabe von 1609 zeigt sie ein faszinierendes Bild der damaligen politischen Landschaft: ein Europa im Umbruch, mit Luxemburg als stiller Zeuge der Geschichte.

Ein Meisterwerk aus der goldenen Ära der Kartographie

Abraham Ortelius (1527–1598) gilt als Begründer der modernen Kartographie. Sein Atlas war der erste, der die Welt in einheitlicher Form zeigte – ein „Theater der bewohnten Welt“, wie er ihn selbst nannte. Er sammelte, prüfte und vereinheitlichte Karten aus ganz Europa, darunter auch die Werke von Jacques Surhon.

Ortelius’ Atlas markiert den Beginn der goldenen Jahre der niederländischen Kartographie: eine Epoche, in der Präzision, Kunstfertigkeit und wissenschaftliche Neugier eine neue Sicht auf die Welt schufen.

Ein Land im Brennpunkt der Mächte

Die Karte des Herzogtums Luxemburg zeigt eine Region, die Ende des 16. Jahrhunderts von politischen und religiösen Umbrüchen geprägt war. Die Reformation hatte Mitteleuropa tief gespalten, und zwischen den Großmächten Frankreich und den Habsburgern tobte ein ständiger Machtkampf um Einfluss und Territorium.

Das Herzogtum Luxemburg war in dieser Zeit Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, gleichzeitig aber auch Teil der habsburgischen Niederlande – eine Doppelrolle, die das Land immer wieder zum Kriegsschauplatz machte.

Seine Lage zwischen Maas und Mosel machte Luxemburg zum strategischen Drehkreuz Europas – und zum Spielball der Mächte.

Eine Karte, die Landschaft atmet

Für eine Karte des 16. Jahrhunderts zeigt Ortelius eine erstaunliche Detailtiefe. Flüsse, Wälder und Siedlungen sind klar erkennbar, während Gebirge und Höhenzüge noch fehlen – das Relief war in dieser Epoche noch kein Schwerpunkt der Kartographie.

Die Karte teilt das Land in zwei Landschaftszonen, die bis heute bestehen:

  • den Norden, die Ardennen – ein dicht bewaldetes, bergiges Gebiet, das heute als Ösling bekannt ist,

  • und den Süden, das Gutland, fruchtbarer, offener und landwirtschaftlich geprägt.

Diese geografische Dualität prägt Luxemburg bis heute – im Charakter wie in der Kultur.


Wälder und Wasseradern

Ortelius widmete den Flüssen besondere Aufmerksamkeit. Die Mosel bildet die östliche Grenze, die Maas die westliche. Zwischen ihnen durchziehen zahlreiche Nebenflüsse das Land – etwa die Sauer, die bis heute die Grenze zu Deutschland markiert, sowie kleinere Gewässer wie die Semios und die Lesse, die in die Maas münden.

Ebenso auffällig ist der hohe Anteil an Waldflächen. Im Vergleich zu anderen Karten seiner Zeit ist das Herzogtum auffällig grün – ein Spiegelbild der damaligen, noch weitgehend unberührten Natur.

Herrschaft & Zugehörigkeit – ein Flickenteppich aus Macht

Die politische Karte dieser Zeit ist ein Mosaik aus kleinen und großen Herrschaften:

Herzogtum Luxemburg

Das Herzogtum erstreckte sich von der Maas bis fast nach Trier und von Durbuy bis nahe Metz. Seine großen Städte – Luxemburg, Bastogne, La Roche, Rochefort, Durbuy und Sankt Hubert – waren Zentren von Handel, Religion und Militär. Das Gebiet war damals etwa dreimal so groß wie das heutige Luxemburg und umfasste Teile der heutigen Eifel (Deutschland), Südostbelgiens, und Nordfrankreichs.

Seit 1555 stand Luxemburg unter habsburgischer Herrschaft, verlor jedoch im Pyrenäenfrieden von 1659 erste Gebiete an Frankreich. Ein Großteil des Territoriums ging schließlich im Zuge des Wiener Kongresses (1815) verloren.

Umgebende Gebiete

  • Herzogtum Bar – südlich von Luxemburg, ab 1380 Teil Lothringens, 1766 von Frankreich annektiert.

  • Herzogtum Bouillon – ein kleines, von Luxemburg umschlossenes Territorium, das ab 1141 dem Bischof von Lüttich gehörte. Es blieb formell Teil des Heiligen Römischen Reiches, fiel aber 1839 an Belgien.

  • Grafschaft Namur – ein weiterer Teil der Habsburger Niederlande, rund um die Stadt Namur an der Maas.

  • Fürstbistum Lüttich – eines der mächtigsten geistlichen Fürstentümer des Reiches, das die Region um die Stadt Lüttich beherrschte.

  • Kurfürstentum Trier – entlang der Mosel gelegen, mit Trier als Hauptstadt und Koblenz als Residenzstadt. Der Trierer Erzbischof war einer der sieben Kurfürsten des Reiches.

  • Königreich Frankreich – in dieser Epoche auf Expansionskurs, vom Atlantik bis an die Vogesen. Viele ehemals habsburgische Gebiete – darunter Lothringen und Bouillon – wurden im 17. Jahrhundert annektiert.

Grenzen, die keine Grenzen sind

Die Karte zeigt, was in dieser Zeit selbstverständlich war: Grenzen waren fließend, umstritten, wandelbar. Ortelius’ Darstellung verzichtet bewusst auf harte Linien – sie deutet Einflusssphären an, keine fixen Staatsgebiete.

Das Herzogtum Luxemburg erscheint hier als Kultur- und Machtlandschaft, nicht als präzise Nation. Diese Offenheit macht die Karte so besonders – und so modern.

Ein Blick auf die Karte – ein Blick auf Europa

Ortelius verstand Karten nicht nur als Werkzeuge, sondern als Fenster zur Welt. Seine Darstellungen verbanden Wissen mit Kunst, Wissenschaft mit Symbolik. Jede Linie, jeder Schriftzug ist ein Stück Zeitgeschichte, in Kupfer gestochen.

Seine Karte des Herzogtums Luxemburg erzählt von einer Zeit, in der Politik, Religion und Geografie untrennbar miteinander verbunden waren – und in der die Menschen begannen, die Welt als Ganzes zu begreifen.

Ein Stück Geschichte für Zuhause

Diese eindrucksvolle Karte des Herzogtums Luxemburg nach Ortelius und Surhon ist Teil der Sammlung der Kartenhandlung Rothert. Erhältlich in drei Größen, ungerahmt oder gerahmt – ein Stück Kartengeschichte, das Kultur, Geschichte und Ästhetik vereint.

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